Montag, 11. Oktober 2010

Viertes und letztes Etappenziel


Nun war es soweit, mein wichtigstes Etappenziel lag vor mir - Bordeaux bzw. Pessac!
Ich wusste nicht, wie meine Bleibe aussehen wird, das Haus, mein Zimmer, mein Bad, die gemeinsame Küche und das Wichtigste, ich kannte meine Vermieterin und zugleich Gastmami (=Omi) nicht, die anderen Mitbewohner natürlich auch nicht - ich kannte nichts und niemanden in Bordeaux...
Der Weg dorthin verlief emotional, ich wusste nicht, wie ich fühlen sollte, ich hatte Angst und war dennoch voller Vorfreude, ich wusste nicht, was mich erwartet, wollte am liebsten bei meiner Freundin bleiben, aber trotzdem wollte ich nun endlich wissen, wo und wie ich mein nächstes Semester verbringen werde.
All diese Emotionen wurden leider sehr abrupt gestoppt, als ich auf der Autobahn - in Frankreich ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130kmh - zum ersten Mal nicht auf das Tempo geachtet habe, den anderen Autos gefolgt bin ..mit 150kmh...und natürlich glatt bei einer Autobahnauffahrt versteckt zwei Polizisten mit einer "Laserpistole" (nennt man die so? naja, manuelle Blitzanlage..) standen...mir wurde gesagt, Ausländer werden sofort gestoppt - ich wurde nicht gestoppt und bisher kam noch kein Brief, oder Mama?
Ich glaube, ich hatte Glück und sie haben meinen Vordermann geblitzt und deshalb mich nicht genommen oder mich fahren lassen wegen des ausländischen Kennzeichen, aber das wusste ich in der Sekunde ja nicht..Ich war perplex, war ich doch nun schon ca. 1500km unterwegs ohne auch nur EIN Polizeiauto zu sehen...die sind immer dann da, wenn man sie nicht braucht;)
Und zu meinem Unglück kam nach wenigen Kilometern natürlich auch noch eine Maut-Zahlstation. Ich war noch so durcheinander von den Blitz-Polizisten, dass ich prompt an den falschen Automaten herangefahren bin, bei dem man nur mit Kreditkarte zahlen - ich muss kurz unterbrechen: hier in Frankreich zahlt man jeden Cent mit der blöden CARTE BLEUE (Kreditkarte), die ich die ersten Wochen in Bordeaux natürlich nicht hatte ohne französisches Konto...und immer hieß es "ach, da brauchen wir nur Ihre carte bleue"/"Haben Sie eine carte bleue? Damit gehts schneller"/"Mit Ihrer carte bleue können Sie ..."/"Hier können Sie nur mit carte bleue zahlen" und nie konnte ich....jeder war irritiert bei der Antwort "désolée je n'ai pas de carte bleue"..ich hatte halt keine...Sogar bei der Einschreibung an der Uni hätte sie geholfen diese komische carte bleue.
So weiter in der Geschichte! Ich kam also an einen Schalter, an dem man nur mit Mastercard und ähnlichem zahlen konnte (zu dem Zeitpunkt wusste ich das mit dieser carte bleue noch nicht). Es gab nur einen Schlitz für Kartenzahlung und nichts für Barzahlung und da ich noch immer in Gedanken bei der Blitzaktion war, habe ich mir natürlich nicht genau durchgelesen, welche Karten zu benutzen sind und meine nicht passende maestro-karte benutzt, die komischerweise nicht geholfen hat...Nachdem ich über den Hilfeknopf mit einer Frau verbunden wurde, die ich weder auf französisch noch auf englisch verstanden habe, (ganz ehrlich, bei solchen Lautsprechanlagen versteht man doch auch nichts, wennn die Person akzentfreies deutsch spricht und keine Autobahnlärm da ist) ist sie dann gekommen, hat mein Bargeld geholt und ist über gefühlte 15 Stationen zu Fuß entlang zu einer Kasse gelaufen, um mein Wechselgeld zu holen:) Zu allem Überfluss standen direekt hinter meiner Schranke drei Polizisten und ich dachte halt, tja super, jetzt klappt das Bezahlen erst nach 15 Minuten und dann ziehen die dich gleich wieder raus und lassen dich 90 Euro fürs zu schnell fahren blechen. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als die mich nicht gestoppt haben, nachdem die Schranke hochging und ich passieren durfte!!


Abends habe ich dann von meinem Navi gehört "Sie haben Ihr Ziel erreicht!" und bin voller Vorfreude auf einen kleinen Vorplatz gefahren mit einer kleiner "Beet-Insel" in der Mitte und einem wunderschönen Haus dahinter!
Da war ich nun - hier würde ich 5 Monate verbringen!
Ich habe vorsichtig geklingelt und eine alte Dame (73!!) hat mir überrascht die Tür geöffnet, sie hat mit einer kleinen Mini-Isabel gerechnet;) wie sie mir später berichtet hat.
Sie hat mir dann sofort mein Zimmer, mein Bad und das restliche Haus gezeigt - ein langer Flur, auf dem man 2 Klos, eine Waschküche, ihr Büro und 4 Schlafzimmer findet (für die Haushälterin Jacqueline, meine beiden französischen Mitbewohner Tiphaine und Auréliens, auch Studenten, beide 21 Jahre alt und für mich). Zudem gibt es eine große Küche, mit einer Speisekammer für uns Studenten, ein riesiges Wohnzimmer und einen noch größeren Garten mit riesiger Terasse im spanischen Stil.

1 Kommentar:

  1. Hallo Isabel, obwohl ich ja schon vieles von deiner Anreise kannte, habe ich mich viel Freude deine Berichte gelesen. Ja, ich war wirklich froh, dass du in Beaune übernachtet hast.
    Freue mich schon auf weitere Artikel
    Liebe Grüße Mama

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